Die digitale Welt bietet dem Tourismus unzählige Chancen – zumindest in der Theorie. Praktisch erleben wir allerdings immer wieder, dass Destinationen, Gastbetriebe und ganze Regionen in Schleswig-Holstein mit veralteten Informationen, ungenutzten Plattformen und falscher Social-Media-Kommunikation die Erwartungen ihrer Gäste enttäuschen. Aus meiner Sicht als freier Wirtschaftsredakteur ist genau das ein unterschätztes Risiko für unsere Tourismusbranche: Eine fehlerhafte oder halbherzige Digitalisierung kann dem Image nachhaltig schaden. Doch warum treten diese Fehler auf, welche Konsequenzen haben sie und wie lassen sie sich beheben?
Hypothese – Digitalisierung kann Image ruinieren, wenn sie nicht ernst genommen wird
Man mag es kaum glauben, aber selbst in Zeiten, in denen jeder zweite Gast sein Smartphone bei der Reiseplanung nutzt, ist die Digitalisierung in vielen Touristikinstitutionen immer noch Stückwerk. Meine Hypothese: Ein schlecht gepflegter Onlineauftritt richtet mitunter mehr Schaden an, als wenn man gar keinen hätte.
Es geht nicht nur um eine Website oder die Tatsache, ob man auf Social-Media-Kanälen vertreten ist. Nein, es geht vielmehr darum, wie aktuell und stimmig die Informationen sind. In Schleswig-Holstein, einem Land, das stark auf Tourismus setzt, können falsche Daten, inaktive Social-Media-Profile oder nicht beantwortete Online-Bewertungen schnell das Vertrauen potenzieller Gäste zerstören. Und wer enttäuscht abreist oder gar nicht erst kommt, erzählt diese Erfahrung weiter – offline wie online.
Fakten, Fehler, Mehrwerte und Tipps unserer Redaktion
1. Veraltete Öffnungszeiten und falsche Kontaktdaten
Die Situation
Nehmen wir ein Beispiel: In einer bekannten Kleinstadt an der Ostsee möchte sich ein Paar spontan einen besonderen Abend gönnen. Die Website eines Restaurants verspricht gehobene Küche und gibt an, täglich bis 22 Uhr geöffnet zu sein. Doch vor Ort prangt ein Schild: „Heute geschlossen – Ruhetag.“ Was in der analogen Welt schon Ärgerlich ist, wird digital zum PR-Desaster. Bei Google tauchen weiterhin die falschen Öffnungszeiten auf, die Restaurant-Webseite ist seit Monaten nicht mehr aktualisiert.
Die Folgen
– Verärgerte Gäste, die sich betrogen fühlen.
– Schlechte Bewertungen auf Portalen wie TripAdvisor oder Google.
– Ein Imageverlust, der sich herumsprechen kann und zukünftige Buchungen verhindert.
Die Lösung
– Regelmäßige Updates: Öffnungszeiten, Telefonnummern, E-Mail-Adressen – all das muss auf der eigenen Website und bei Google My Business aktuell sein.
– Automatisierte Systeme: Moderne Buchungs- oder Reservierungssysteme können Ruhetage und Urlaubszeiten abbilden, sodass potenzielle Gäste in Echtzeit informiert werden.
2. Keine oder falsche Präsenz auf Buchungsportalen
Die Situation
Immer mehr Urlauber suchen Unterkünfte über Plattformen wie Booking.com, Airbnb, Expedia & Co. Dennoch findet man manche Hotelbetriebe in Schleswig-Holstein dort nicht – oder nur mit veralteten Fotos und lückenhaften Beschreibungen. Hinzu kommt, dass manche Betreiber nicht auf Bewertungen reagieren, obgleich in den Kommentaren gravierende Mängel angesprochen werden.
Die Folgen
– Fehlende Reichweite: Potenzielle Gäste buchen woanders.
– Schlechter Eindruck: Wer sich dennoch für das Hotel interessiert, findet womöglich veraltete Informationen.
– Kein Dialog: Unzufriedene Gäste fühlen sich ignoriert, weil keine Antworten auf Kritik erfolgen.
Die Lösung
– Professionelle Darstellung: Hochwertige Fotos, klare Texte zu Zimmerkategorien, Inklusivleistungen und Umgebung.
– Aktive Kommunikation: Auf Bewertungen – ob positiv oder negativ – sollte man zeitnah reagieren. Das zeigt: „Wir nehmen Kundenfeedback ernst.“
– Preise und Verfügbarkeiten synchronisieren: Buchungsportale und die eigene Website sollten stets konsistente Daten liefern.
3. Schlechte oder fehlende Social-Media-Strategie
Die Situation
Manche Gemeinden oder touristische Betriebe glauben, allein die Präsenz auf Facebook oder Instagram reiche aus. Als Nutzer findet man dann lieblos zusammengestückelte Posts, die oft selten aktualisiert werden. Noch schlimmer: Die Kommentare der Besucher bleiben unbeantwortet. Oder man gerät in die Falle, nur Werbung zu posten, ohne echten Mehrwert oder Einblicke in den Ort.
Die Folgen
– Desinteresse: Wer folgt schon einer Seite, die seit Monaten inaktiv ist oder nur Eigenwerbung betreibt?
– Verlorenes Vertrauen: Kunden fragen sich, ob der Betrieb auch im realen Leben so unpersönlich ist.
– Fehlende Glaubwürdigkeit: Social Media lebt vom Dialog und authentischen Einblicken, nicht von austauschbaren Werbebotschaften.
Die Lösung
– Klare Strategie: Wen möchte man erreichen (Familien, Aktivurlauber, Kulturliebhaber)? Welche Inhalte passen dazu?
– Regelmäßige Updates: Lieber wenige, dafür echte und relevante Posts. Geschichten hinter den Kulissen, Insider-Tipps oder Gästeerfahrungen wecken Interesse.
– Interaktion fördern: Umfragen, Gewinnspiele oder Fragerunden beleben den Kanal. Auf Kommentare sollte man individuell eingehen.
4. Unterschätzte Bedeutung von Online-Bewertungen
Die Situation
Ob bei Google, TripAdvisor oder Booking.com – Bewertungen sind das A und O für die Entscheidung potenzieller Gäste. Dennoch lässt manch ein Restaurant- oder Hotelbetreiber negative Kritiken unkommentiert stehen oder reagiert unprofessionell.
Die Folgen
– Nachhaltiger Image-Schaden: Negative Kommentare, die monatelang unbeachtet bleiben, wirken auf potenzielle Gäste abschreckend.
– Enttäuschte Stammgäste: Auch Gäste, die früher einmal zufrieden waren, könnten nun zweifeln.
– Trügerische Publicity: Wenn Betriebe versuchen, sich mit gekauften Bewertungen besser darzustellen, kann das schnell auffliegen und einen Shitstorm auslösen.
Die Lösung
– Professionelles Beschwerdemanagement: Fehler eingestehen, Lösungen anbieten und Wertschätzung zeigen. Das kommt oft sogar besser an, als nur Lobkommentare zu sammeln.
– Ehrlichkeit: Gefälschte Bewertungen sind tabu. Stattdessen lieber Gäste aktiv um eine ehrliche Bewertung bitten.
– Monitoring: Es gibt Tools, die automatisch auf neue Bewertungen hinweisen, damit man rasch reagieren kann.
5. Mangelnde Innovation und falsche Prioritäten
Die Situation
Während manche Destinationen längst Virtuelle-Reality-Führungen oder GPS-basierte Apps für Wanderwege anbieten, gibt es in anderen Ortschaften kaum digitale Informationsangebote. Der Grund: Man glaubt, dass Digitalisierung nur eine Mode ist – oder man fürchtet die Kosten.
Die Folgen
– Besucher, die ein modernes, digitales Angebot erwarten, sind enttäuscht.
– Wettbewerbsnachteil gegenüber Standorten, die in smarte Technologien investieren.
– Fehlende Datengrundlage: Ohne digitale Tools gibt es wenig Feedback, welche Angebote nachgefragt werden und wo Handlungsbedarf besteht.
Die Lösung
– Bedarfsanalyse: Welche digitalen Lösungen erwarten Gäste wirklich? Braucht es eine App, oder reicht eine optimierte Website?
– Kleine Schritte: Digitalisierung muss nicht immer teuer sein. Man kann sich auf einfache Tools konzentrieren, die viel Wirkung entfalten, z.B. Online-Tickets oder eine gut gepflegte Google-Business-Seite.
– Gezielte Förderung: Kommunen in Schleswig-Holstein können Förderprogramme nutzen, um digitale Projekte anzustoßen. Zusammenarbeit mit Start-ups oder Hochschulen bietet oft Zugang zu innovativen Lösungen.
Kritische Betrachtung: Wenn falsche Digitalisierung mehr Schaden anrichtet als keine
Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um mit Gästen zu kommunizieren und Buchungen zu generieren. Doch wer diesen Prozess halbherzig angeht, ohne Konzept und Aktualität, riskiert genau das Gegenteil: Ein schlechtes Digitalimage, dem schwieriger beizukommen ist als veralteten Flyern.
Der Tourismus in Schleswig-Holstein lebt von Stammgästen, die unsere Strände, Seen und ländlichen Orte seit Jahren schätzen – und von neugierigen Neuentdeckern, die oft über digitale Kanäle zu uns kommen. Sie alle wollen schnelle, verlässliche Informationen und das Gefühl, wertgeschätzt zu werden.
Fazit: Weniger ist mehr – Digitale Präsenz braucht Pflege und Konzept
Nicht jedes Unternehmen oder jede Gemeinde muss auf allen Plattformen präsent sein. Manchmal ist es sogar kontraproduktiv, sich zu stark zu verzetteln. Wichtiger ist eine strategische Herangehensweise: Welche Kanäle erreichen meine Zielgruppe? Wie halte ich die Daten aktuell? Wie kann ich mit Gästen konstruktiv in Dialog treten?
Wer sich an diesen Fragen orientiert, fährt besser, als wahllos jede Social-Media-Plattform zu bespielen. Gerade kleinere Orte und Betriebe in Schleswig-Holstein sollten auf Konzentration und Qualität setzen: Eine gut gepflegte Website, aktuelle Google-Einträge, regelmäßige Pflege wichtiger Buchungsportale und eine Social-Media-Plattform, die verlässlich bespielt wird, können schon genügen. Hauptsache, man zieht das konsequent durch – denn nichts ist schlimmer als veraltete Informationen, die Gäste in die Irre führen.
FAQ: Häufige Fragen zur Digitalisierung im Tourismus
1. Reicht es nicht, wenn ich meine Daten einmal pro Jahr aktualisiere?
Nein, idealerweise sollten Öffnungszeiten, Kontaktinformationen und Veranstaltungen zeitnah angepasst werden. Gerade in der Nebensaison ändern sich viele Abläufe.
2. Welche Plattformen sind für Touristik-Betriebe unverzichtbar?
Mindestens eine Buchungsplattform (etwa Booking.com oder Expedia) plus eine Präsenz bei Google My Business sind heute Standard. Social Media wie Facebook oder Instagram ergänzen das Angebot – müssen aber zum Betrieb passen.
3. Wie gehe ich mit negativen Online-Bewertungen um?
Schnell und professionell reagieren: Zuhören, Fehlersuche betreiben, mögliche Lösungen anbieten. Ein offenes Ohr und Transparenz können aus Kritik sogar eine Chance machen.
4. Macht eine eigene App für unsere Gemeinde Sinn?
Das hängt von den Bedürfnissen der Gäste ab. Häufig ist eine mobiloptimierte Website ausreichend. Eine App lohnt sich eher, wenn man spezielle Funktionen anbieten möchte (z.B. interaktive Wanderkarten, QR-Codes an Sehenswürdigkeiten).
5. Wie hoch sind die Kosten für eine professionelle digitale Strategie?
Das variiert stark. Eine solide Website ist mit ein paar tausend Euro realisierbar, komplexe Portallösungen können jedoch deutlich teurer sein. Förderprogramme oder Kooperationen mit Hochschulen können helfen, die Kosten zu reduzieren.
Wer seinen Auftritt online vernachlässigt, verschwindet im digitalen Nirwana – so drastisch es klingt. Die Erfahrung zeigt, dass Gäste heute Transparenz und Aktualität erwarten. Schleswig-Holstein hat als Tourismusstandort großes Potenzial, doch dieses muss auch online abgebildet sein. Ein klarer Plan, regelmäßige Pflege und der Wille zur Kommunikation sind entscheidend, um aus Besucherinnen und Besuchern zufriedene Stammgäste zu machen.