Der Boden in Schleswig-Holstein – kranke Grundlage einer starken Wirtschaft | Wirtschaftsküste

Der Boden ist die Basis für Landwirtschaft, Tourismus, Küstenschutz und unser tägliches Leben. Doch der Boden in Schleswig-Holstein steht unter massivem Druck. Moore, Ackerflächen, Wald- und Wiesenböden leiden unter Entwässerung, Versiegelung und Übernutzung – mit weitreichenden Folgen für zentrale Wirtschaftszweige des Nordens.


Böden als wirtschaftlicher Faktor

Böden speichern Wasser, Nährstoffe und Kohlenstoff, filtern Schadstoffe und sichern landwirtschaftliche Produktivität. Für Schleswig-Holstein – mit seinem hohen Anteil an Landwirtschaft, fruchtbaren Böden und Küstenflächen – sind gesunde Böden ein entscheidender Standortfaktor.

Doch sie sind krank. Die Folgen spüren wir – ökologisch und ökonomisch.


Hochmoore & kohlenstoffreiche Böden – klimaaktive Flächen im Wandel

Schleswig-Holstein gilt als moorreiches Bundesland. Rund 10 % der Landesfläche bestehen aus kohlenstoffreichen Böden (Moor- und Anmoorböden) – das entspricht etwa 152.800 Hektar [1].
Davon entfallen ca. 129.800 ha auf Moorböden (Hoch- und Niedermoore) und rund 23.000 ha auf Anmoorböden [1].

Mehr als 81 % dieser Moorflächen sind heute landwirtschaftlich genutzt – vorwiegend als Grünland (etwa 57 % davon) [1].

Naturnahe Moore sind selten: Lediglich etwa 17.500 ha gelten noch als „intakt“ [2].

Entwässerte Moore verursachen in Schleswig-Holstein jährlich etwa 16 % der Treibhausgasemissionen des Landes [3].


Ackerboden – die Vorratskammer in Gefahr

Die Landwirtschaft ist ein starkes Standbein Schleswig-Holsteins – dennoch sind Ackerböden unter Druck: Erosion, Verdichtung durch schwere Maschinen, Nährstoffverluste und Monokulturen belasten ihre Leistungsfähigkeit.

Der Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche im Land ist rückläufig. Zwischen 1992 und 2018 sank er von etwa 73,5 % auf 68,7 % der Landesfläche [4].

Ein gesunder Ackerboden ist unerlässlich für stabile Erträge. Wird er krank, steigen die Kosten – durch höheren Düngemitteleinsatz, sinkende Produktivität und langfristige Risiken für die Ernährungssicherheit.


Wald- & Wiesenböden – Stabilisatoren unter Druck

Auch Wald- und Wiesenböden tragen zum Standortfaktor Boden bei. Wälder speichern Wasser, stabilisieren Böden und bieten Schutz vor Erosion. Doch Monokulturen, Sturmschäden und Schädlingsbefall schwächen ihre Resilienz.

Wiesenflächen, früher Lebensraum für zahlreiche Arten, werden heute meist intensiv bewirtschaftet: mehrere Mahdgänge, starker Dünger, wenig Struktur. Das verringert ihre Fähigkeit, Bodenleben und Nährstoffkreisläufe langfristig zu erhalten.


Versiegelung & Flächeninanspruchnahme – Boden verschwindet

Ein zentrales Problem ist die Versiegelung.

  • Im Jahr 2018 waren in Schleswig-Holstein von den Siedlungs- und Verkehrsflächen 931 km² versiegelt – das entspricht einem Versiegelungsgrad von 44,8 % dieser Flächen [4].
  • Der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen insgesamt stieg zwischen 1992 und 2018 von 10,5 % auf 13,4 % der Landesfläche [4].
  • Die Flächenneuinanspruchnahme lag früher bei über 8 ha/Tag; 2018 waren es noch rund 3 ha/Tag [4].
  • Aktuelle Zahlen des BUND nennen für 2018 einen Wert von 3,1 ha/Tag [5].

Das Ziel des Landes: Bis 2030 soll die tägliche Neuinanspruchnahme neuer Siedlungs- und Verkehrsflächen auf unter 1,3 ha/Tag sinken [6].

Versiegelung bedeutet: weniger Grundwasser, mehr Oberflächenabfluss, weniger Bodenleben. Der Boden verschwindet – und mit ihm seine Leistungen.


Folgen der Sorglosigkeit – Wirtschaftlich spürbar

Die Folgen sind deutlich und haben direkten Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft:

  • Landwirtschaft: sinkende Erträge, höhere Produktionskosten
  • Klimaschutz: entwässerte Moore setzen CO₂ frei
  • Küstenschutz & Hochwasser: versiegelte Flächen verstärken Abflussrisiken
  • Tourismus & Image: degradierte Landschaften mindern Attraktivität
  • Kommunale Kosten: steigender Aufwand für Ausgleichsflächen & Infrastruktur

Für ein Land, das auf Landwirtschaft, Tourismus und Küstenschutz setzt, sind das ernsthafte Standortfragen.


Handlungsmöglichkeiten – Heilung für den Boden

Die Fakten zeigen: Es gibt Wege, den Boden wieder zu stärken:

  1. Moore wiedervernässen – Stoppen von CO₂-Emissionen, Wiederaufbau ökologischer Funktionen.
  2. Humusaufbau in der Landwirtschaft – Zwischenfrüchte, organische Dünger, reduzierte Bodenbearbeitung.
  3. Förderung artenreicher Wiesen – weniger Mahd, mehr Strukturvielfalt.
  4. Flächensparen & Innenentwicklung – Baulücken schließen, Nachverdichtung statt Neubau.
  5. Flächenkreislaufwirtschaft – Reaktivierung brachliegender Flächen.

Fazit

Der Boden in Schleswig-Holstein ist krank – das zeigen die Zahlen unmissverständlich. Doch er ist nicht verloren. Mit gezielten Maßnahmen kann er wieder gesunden und damit die Grundlage für eine stabile Landwirtschaft, eine widerstandsfähige Wirtschaft und eine lebenswerte Küstenregion sichern.

Boden ist Standortfaktor. Schleswig-Holstein muss ihn behandeln wie das, was er ist: die tragende Basis für die Zukunft.


Quellen

[1] Land Schleswig-Holstein: „Kohlenstoffreiche Böden in SH“ – schleswig-holstein.de
[2] BUND Schleswig-Holstein: „Moore in Schleswig-Holstein“ – bund-sh.de
[3] BUND Schleswig-Holstein: „Mooratlas 2023“ – bund-sh.de
[4] Land Schleswig-Holstein: „Flächeninanspruchnahme“ – schleswig-holstein.de
[5] BUND Schleswig-Holstein: „Flächenverbrauch“ – bund-sh.de
[6] Landtag Schleswig-Holstein: Drucksache 20/2712, Zielwerte Landesentwicklungsplan – landtag.ltsh.de

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Von Michael

M. ist Geschäftsführer und Gründer eine Agentur für Digitalisierung und Marketing und lebt in der Region Stuttgart. Schleswig-Holstein kennt er aus zahlreichen Urlauben – das Bundesland zwischen Nord- und Ostsee ist längst zu seinem Lieblingsreiseziel geworden. Er verfolgt aufmerksam die Entwicklungen in Schleswig-Holstein und schätzt dabei besonders die Vielfalt zwischen Küstenregionen und den ruhigen, ländlichen Gebieten im Binnenland. Er schreibt auch für das Portal Hof-Nachfolge.de, wo er sich intensiv mit den Herausforderungen der Hofübergabe und landwirtschaftlichen Betriebsnachfolge auseinandersetzt. Seine Leidenschaft gilt dabei insbesondere den Menschen hinter den Betrieben und deren Geschichten. Darüber hinaus begleitet er mit der Digitalagentur 4everglen Unternehmen aus Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg bei ihren digitalen und strategischen Herausforderungen. Als Experte für Digitalisierung und zukunftsfähiges Marketing setzt er sich dafür ein, regionale Unternehmen und Kommunen fit für die Zukunft zu machen.