Wenn wir hier in Schleswig-Holstein eines im Überfluss haben, dann ist es Raum. Weite Felder, ausgedehnte Küsten, kleine Dörfer, die sich in dünn besiedelten Landkreisen verlieren. Gleichzeitig sind viele von uns mit der Herausforderung konfrontiert, mobil zu sein – ob für den Arbeitsweg, zum Supermarkt oder zur Kinderbetreuung. Hier, wo ich wohne, in einer ländlichen Region nahe zur Stadt, wird deutlich: Ohne Auto ist man schnell aufgeschmissen. Meine Hypothese: Die Verkehrskonzepte der Zukunft in Schleswig-Holstein müssen den Spagat schaffen, das Auto zwar nicht zu verteufeln, aber deutlich in ein intelligentes Mobilitätsnetz einzubetten. Nur so können wir nachhaltig sein, ohne die Freiheiten zu opfern, die wir in dieser Region so schätzen. Digitale Vernetzung, flexible Konzepte und die aktive Einbindung von Kommunen, Unternehmern und Gründern werden dabei Schlüssel zum Erfolg sein.
Fakten, Herausforderungen, unsere Meinung und neue Perspektiven
1. Die ländliche Infrastruktur als Zünglein an der Waage
Als Freelancer in den Mittvierzigern erlebe ich täglich, wie essenziell eine funktionierende Infrastruktur ist. Ich pendle zwischen ländlichem Wohnort und mehreren Städten in Schleswig-Holstein. Mir fällt auf: Während es in Ballungszentren wie Kiel, Lübeck oder Flensburg bereits ein breiteres ÖPNV-Angebot gibt – zum Beispiel neue Hybridbusse oder dichtere Taktungen – klafft im ländlichen Raum immer noch eine große Lücke. Buslinien sind selten, Bahnhaltepunkte oft weit entfernt. Das Auto ist für viele schlicht alternativlos.
Doch die Energiewende und steigende Spritpreise verschärfen den Druck, nach Alternativen zu suchen. Schauen wir beispielsweise auf Nordfriesland oder Dithmarschen, mit ihren weiten Entfernungen und touristischen Verkehren. Dort könnten flexible Angebotsmodelle wie Rufbusse, Mitfahr-Apps oder Bürgerbusse wahre Game-Changer sein. Sie bilden quasi die Brücke zwischen individueller Freiheit und nachhaltiger Nutzung der ohnehin knappen Ressourcen.
2. Elektromobilität und Ladeinfrastruktur
Ein wichtiger Baustein zukunftsorientierter Verkehrskonzepte ist die Elektromobilität. Schleswig-Holstein hat geografische Vorteile: ein windreiches Land, das bereits heute erhebliche Mengen an Strom aus Windenergie erzeugt. Warum also nicht diesen Strom direkt vor Ort für E-Autos nutzen? Theoretisch klingt das super, doch die Praxis zeigt: Wer mit einem E-Auto durch die ländlichen Regionen fährt, sucht mancherorts immer noch verzweifelt nach einer Ladestation. Insbesondere für Unternehmen, die ihre Flotte auf E-Mobilität umstellen möchten, ist das ein kritischer Punkt.
Positiv sind Projekte wie in einigen Kommunen Nordfrieslands, wo Ladesäulen strategisch entlang von Hauptverkehrsachsen und in Ortszentren errichtet wurden. Ebenso sehe ich in Kreisen wie Pinneberg oder Stormarn Kooperationen zwischen kommunalen Energieversorgern und Start-ups, die öffentliche und private Ladepunkte vernetzen. Doch es braucht mehr Tempo, mutigere Investitionen und sinnvolle Partnerschaften, damit Elektromobilität auf dem Land zur echten Alternative wird.
3. Öffentlicher Personennahverkehr: Vom Kostentreiber zum Standortfaktor
Früher galt der öffentliche Nahverkehr im ländlichen Raum als teure Pflichtaufgabe, die sich kaum rechnete. Doch mittlerweile erkennen immer mehr Kommunen und Landkreise den ÖPNV als wertvollen Standortfaktor. Junge Familien ziehen eher dorthin, wo sie nicht ausschließlich auf das zweite Auto angewiesen sind. Unternehmer siedeln sich eher in Gemeinden an, wo Mitarbeiter bequem mit Bahn oder Bus zur Arbeit gelangen können.
Einigen Gemeinden in Schleswig-Holstein ist das bereits bewusst. Sie setzen auf eng getaktete Busrouten, kooperieren mit Taxi- und On-Demand-Shuttleanbietern oder bieten Bustickets zu attraktiven Konditionen. Besonders interessant finde ich Projekte, die die Digitalisierung nutzen: Anrufbasierte Kleinbusse, die man per App bestellt und die ihre Route dynamisch planen. Das ist ressourcenschonend und sorgt gleichzeitig für eine bedarfsgerechte Beförderung.
4. Fahrradinfrastruktur: Mehr als nur ein Freizeitvergnügen
Als begeisterter Radfahrer kann ich kaum verstehen, warum selbst kurze Strecken hier in der Umgebung so oft mit dem Auto zurückgelegt werden. Klar, in Schleswig-Holstein weht immer eine steife Brise, und im Winter kann das unangenehm sein. Aber was, wenn man Radwege ausbaut, überdachte Abstellplätze schafft und E-Bikes noch stärker fördert? Damit ließen sich Wege von bis zu 10 oder 15 Kilometern durchaus meistern – gerade, wenn man zusätzlich an Pendlerrad-Routen denkt, die gut asphaltiert und winterfest sind.
In den Niederlanden oder in Teilen Dänemarks sieht man, wie effektiv und attraktiv ein alltagstaugliches Radverkehrsnetz sein kann. Die Diskussion darüber plätschert in Schleswig-Holstein jedoch oft noch auf kommunaler Ebene dahin, ohne dass echte Leuchtturmprojekte für den Alltagsverkehr entstehen. Dabei wäre es ein starkes Signal an Gründer und Unternehmer in der Region: Wer in nachhaltige Mobilität investiert, verbessert auch die Lebensqualität für seine Mitarbeitenden und Familien vor Ort.
5. Innovative Lösungen: Carsharing, Mitfahr-Apps & Co.
Besonders spannend finde ich als freier Wirtschaftsredakteur die Vielzahl an Start-ups und Projekten, die neue Konzepte für eine multimodale Mobilität entwickeln. Etwa intelligente Carsharing-Angebote, bei denen Elektroautos in Dorfzentren oder an Bahnhöfen verfügbar sind, sodass Anwohner oder Berufspendler sie gemeinsam nutzen können. In einigen Städten Schleswig-Holsteins existieren bereits Pilotprojekte, beispielsweise in Kiel und Lübeck, doch im ländlichen Raum steckt das noch in den Kinderschuhen.
Gleichzeitig entdecke ich mehr und mehr Mitfahr-Apps, die versuchen, Pendler zu vernetzen. Das klappt natürlich besser, wenn auch die digitale Infrastruktur steht – und genau da haben wir in manchen Regionen noch ein Problem. Langsame Internetverbindungen und Funklöcher erschweren die Nutzung solcher Apps. Trotzdem sind das Ansätze, die meines Erachtens viel Potenzial bieten, um die Straßen zu entlasten und Ressourcen zu schonen.
6. Chancen für Unternehmer und Kommunen
Unternehmer, die früh auf nachhaltige Verkehrskonzepte setzen, können sich als attraktive Arbeitgeber profilieren und damit qualifizierte Fachkräfte anziehen. Ich habe Unternehmen getroffen, die E-Bike-Leasing für ihre Mitarbeitenden anbieten, Shuttle-Dienste für den täglichen Pendelverkehr organisieren oder Fahrgemeinschaften aktiv fördern. Für Gründer kann das Thema Mobilität ebenfalls ein Geschäftsmodell sein, von IT-Lösungen zur Fahrtenkoordination bis hin zu Batterietechnologien oder Ladelösungen.
Kommunen wiederum können durch Kooperationen mit solchen Start-ups neue Angebote schaffen, ohne ihr eigenes Budget zu stark zu belasten. Öffentliche Mittel, intelligente Nutzung von Förderprogrammen und eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft könnten den nötigen Schub bringen.
Fazit: Mut zum Wandel in Schleswig-Holstein
Der Verkehr in Schleswig-Holstein braucht neue Ideen – das ist keine bloße Behauptung, sondern eine knallharte wirtschaftliche wie gesellschaftliche Notwendigkeit. Wir dürfen uns nicht darauf ausruhen, dass man mit dem Auto immer noch am schnellsten von A nach B kommt, während Busse und Bahnen in größeren Städten überfüllt und auf dem Land unterversorgt sind.
Für eine zukunftsfähige Infrastruktur müssen wir dabei keineswegs radikal auf das Auto verzichten. Vielmehr brauchen wir ein ergänzendes Netzwerk aus Elektromobilität, Carsharing, besseren ÖPNV-Lösungen und Radverkehr. Das ist am Ende nicht nur ökologischer, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Eine Gemeinde, die flexibel erreichbar ist, wird für Unternehmen und für Bürger attraktiver.
Gleichzeitig sollten wir den Mut haben, auch unkonventionelle Ideen auszuprobieren. Ohne Pilotprojekte, in denen man auch mal scheitern darf, geht es nicht voran. Gerade Schleswig-Holstein, als Land zwischen den Meeren mit ausgeprägter Innovationsfreude im Energiebereich, kann hier durchaus Vorreiter werden. Wir müssen die vorhandenen Ressourcen – Wind, Platz, dezentrale Strukturen – positiv nutzen, statt sie als Hindernis zu sehen.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zu nachhaltigen Verkehrskonzepten
1. Sind E-Autos wirklich umweltfreundlicher als Verbrenner?
E-Autos verursachen vor Ort keine Abgase und können, gerade hier in Schleswig-Holstein, mit grünem Strom aus Wind- oder Solarenergie betrieben werden. Allerdings ist die Produktion von Batterien ressourcenintensiv. Trotzdem schneiden E-Autos in der Gesamtbilanz in der Regel besser ab als Diesel oder Benziner – vorausgesetzt, wir sorgen für genügend Ladeinfrastruktur und nutzen Ökostrom.
2. Warum sollten Kommunen in Rufbusse oder On-Demand-Angebote investieren?
Rufbusse und On-Demand-Angebote sind ideal für ländliche Regionen mit geringer Nachfrage zu bestimmten Zeiten. Statt einen fast leeren Linienbus durch die Gegend zu schicken, kann ein Kleinbus flexibel angefordert werden. Das reduziert Kosten, schont die Umwelt und verbessert gleichzeitig die Mobilität für Menschen ohne eigenes Auto.
3. Lohnt es sich für Unternehmen in Schleswig-Holstein, eine eigene Ladeinfrastruktur aufzubauen?
Das kann sich durchaus lohnen. Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf E-Firmenwagen, und Mitarbeitende fragen nach Lademöglichkeiten für ihre Privatfahrzeuge. Wer Ladepunkte anbietet, steigert die Attraktivität des Standorts und kann unter Umständen auch von Förderprogrammen profitieren. Gerade für Unternehmen, die ihren Fuhrpark auf E-Fahrzeuge umstellen, ist eine eigene Ladeinfrastruktur oft ein echter Wettbewerbsvorteil.
4. Welche Rolle spielen Fahrräder und E-Bikes in Zukunft?
In ländlichen Regionen sind Distanzen oft größer als in Städten. Trotzdem kann das E-Bike eine attraktive Option sein, um nicht jeden Weg mit dem Auto zurückzulegen. Wer schon mal 10 oder 15 Kilometer mit einem E-Bike gefahren ist, weiß, dass das machbar ist. Außerdem entlastet jede Fahrt mit dem Rad die Straßen und reduziert den CO₂-Ausstoß.
5. Sind Carsharing-Angebote auf dem Land überhaupt umsetzbar?
Carsharing wird bislang stärker in Städten genutzt, wo die Nachfrage hoch ist. Für den ländlichen Raum sind bestimmte Modelle aber durchaus sinnvoll – zum Beispiel feste Carsharing-Standorte in Dörfern oder an Bahnhöfen. Wenn sich mehrere Gemeinden zusammentun, können sie gemeinsam Flotten anschaffen, die von den Bewohnern gebucht werden können. Wichtig ist eine enge Abstimmung zwischen Kommune, Anbietern und Bürgern.
6. Wie kann ich als Unternehmer oder Kommunalvertreter Förderungen nutzen?
Auf Landes- und Bundesebene gibt es diverse Programme, die den Ausbau von E-Ladeinfrastruktur, die Anschaffung von E-Fahrzeugen oder Modellprojekte wie Bürgerbusse fördern. Ein genauer Blick auf die Webseiten des Landes Schleswig-Holstein, des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) oder der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) lohnt sich. Oft lohnt es sich auch, mit Nachbarkommunen und regionalen Netzwerken zusammenzuarbeiten, um Projekte gemeinsam zu stemmen.