Erfolg – aber zu welchem Preis?
Die bisherige Tourismusstrategie Schleswig-Holsteins hat beeindruckende Zahlen geliefert: 30 % mehr touristischer Bruttoumsatz, 30 Millionen Übernachtungen jährlich und eine Position in den Top 3 bei der Gästezufriedenheit. Doch hinter den Erfolgen verbergen sich deutliche regionale Unterschiede, neue Herausforderungen und die Grenzen des Wachstums. Unsere Hypothese lautet: Trotz positiver Entwicklungen ist die bisherige Strategie nicht zukunftsfähig, ohne Nachhaltigkeit und Akzeptanz stärker zu gewichten.
Fakten und Herausforderungen
1. Ein Erfolg mit Licht und Schatten
Die bisherigen Ziele der Tourismusstrategie – zusammengefasst als „30-30-3“ – wurden weitgehend erreicht, zum Teil sogar übertroffen. Doch ein genauerer Blick zeigt:
- Regionale Ungleichgewichte: Während Küstenregionen von den Investitionen und einem starken Tourismus profitieren, bleiben Binnenregionen oft hinter ihren Potenzialen zurück.
- Grenzen des Wachstums: In beliebten Küstenorten führen Überkapazitäten und Besucherströme zunehmend zu saisonalen Überlastungen, Konflikten mit der Wohnbevölkerung und Umweltbelastungen.
- Gästezufriedenheit: Die angestrebte Top-3-Position bei der Gästezufriedenheit wurde nicht erreicht, obwohl sich die Bewertungen verbessert haben.
2. Der Katalysator Infrastruktur
Ein zentraler Treiber des Erfolgs war der Ausbau der kommunalen Infrastruktur, unterstützt durch EU-, Bundes- und Landesmittel. Insbesondere Investitionen in Beherbergungsbetriebe und touristische Angebote haben maßgeblich dazu beigetragen, Schleswig-Holstein als Reiseziel zu stärken. Doch diese Finanzierungspraxis steht vor Herausforderungen:
- Ende der EU-Förderperiode: Mit sinkenden EU-Mitteln drohen Engpässe, wenn Bund und Land nicht einspringen.
- Nachhaltige Nutzung: Zukünftige Investitionen müssen stärker auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit ausgerichtet werden, um langfristig tragfähig zu sein.
3. Neue Herausforderungen: Nachhaltigkeit und Akzeptanz
Die Corona-Pandemie hat Schwachstellen und Herausforderungen der Tourismusbranche offenbart:
- Tourismusakzeptanz: Konflikte zwischen Bewohnern und Touristen nehmen zu, besonders in stark frequentierten Küstenregionen. Ein integratives Tourismusbewusstsein, das Gäste- und Einheimischeninteressen in Einklang bringt, ist dringend notwendig.
- Fachkräftemangel: Der Verlust von Arbeitskräften an andere Branchen hat sich zu einem generellen Personalmangel ausgeweitet. Der Tourismus droht ohne attraktive Arbeitsbedingungen an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.
- Ökologische Grenzen: Klimawandel, Artenverlust und Umweltbelastungen setzen dem bisherigen Wachstumskurs enge Grenzen. Die Branche muss sich konsequent auf nachhaltigen Qualitätstourismus ausrichten.
4. Zukunftsstrategie: Qualität statt Quantität
Die neue Tourismusstrategie bis 2030 setzt auf verantwortungsbewussten Qualitätstourismus. Ziele sind:
- Nachhaltigkeit als Leitmotiv in ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimensionen.
- Förderung von Binnenlandregionen, um regionale Disparitäten zu verringern.
- Entwicklung von Schleswig-Holstein als Ganzjahresdestination, um saisonale Schwankungen abzufedern.
- Stärkung der Tourismusakzeptanz durch integrative Maßnahmen und Dialogformate.
Fazit: Aufbruch in eine nachhaltige Zukunft
Die Erfolge der bisherigen Strategie sind unbestritten, doch sie offenbaren auch die Grenzen des bisherigen Wachstumskurses. Ohne eine konsequente Neuausrichtung auf Nachhaltigkeit, Qualität und Akzeptanz droht Schleswig-Holstein, an Attraktivität zu verlieren – für Gäste ebenso wie für Einheimische. Die Weichen für die Zukunft müssen jetzt gestellt werden, um den Tourismus langfristig als Motor für Wirtschaft und Lebensqualität zu sichern.
FAQ
1. Was bedeutet „30-30-3“ in der Tourismusstrategie?
Es steht für 30 % mehr touristischer Bruttoumsatz, 30 Millionen Übernachtungen und die angestrebte Top-3-Position bei der Gästezufriedenheit.
2. Warum gibt es regionale Unterschiede?
Küstenregionen profitieren stärker von bestehenden Infrastrukturen und touristischen Strömen, während Binnenlandregionen oft weniger erschlossen sind und einen höheren Nachholbedarf haben.
3. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der neuen Strategie?
Nachhaltigkeit ist das Leitmotiv der Tourismusstrategie bis 2030 und umfasst ökologische, soziale und ökonomische Aspekte gleichermaßen. Ziel ist ein Tourismus, der langfristig akzeptiert, klimafreundlich und wirtschaftlich tragfähig ist.
4. Wie wird dem Fachkräftemangel begegnet?
Die Strategie sieht eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, gezielte Fachkräftegewinnung und Ausbildungsinitiativen vor.
5. Was können Kommunen und Betriebe tun?
Sie sollten auf Qualität und Nachhaltigkeit setzen, neue Zielgruppen ansprechen und sich an der Umsetzung der neuen Strategie beteiligen – idealerweise durch innovative, regional angepasste Ansätze.