Hypothese – Sind unsere Innenstädte noch zu retten?
Die Innenstädte in Schleswig-Holstein stecken in der Krise: Leerstand, sinkende Besucherzahlen und der Wandel im Konsumverhalten fordern Städte und Gemeinden gleichermaßen heraus. Während einige Städte wie Itzehoe und Geesthacht durch kreative und nachhaltige Ansätze erste Erfolge erzielen, stehen andere wie Kiel und Neumünster weiterhin vor immensen Herausforderungen. Doch kann die Transformation der Innenstädte hin zu multifunktionalen Erlebnisräumen die Wende bringen? Oder verpuffen Fördermittel und Initiativen in kleinteiligen Experimenten?
Fakten, Strategien und neue Impulse
1. Die Zahlen: Ein Bild des Umbruchs
Die Leerstandsquoten in Schleswig-Holstein zeigen die Polarisierung deutlich: In Itzehoe stehen nur noch fünf von 184 Gewerbeimmobilien leer – ein Ergebnis gezielten Leerstandsmanagements. Dagegen weist Kiel in der oberen Holstenstraße eine alarmierende Quote von 38,5 % aus. Auch in Neumünster bleibt der Leerstand problematisch: Das einstige AOK-Gebäude und das ehemalige Karstadt-Gebäude sind Sinnbilder für die Herausforderungen.
Das Problem ist strukturell: Steigende Mieten, der wachsende Onlinehandel und veränderte Konsumgewohnheiten machen es Einzelhändlern schwer, in Innenstädten zu bestehen. Während klassische Geschäftsmodelle verschwinden, bieten Pop-up-Stores und Mixed-Use-Konzepte erste Alternativen.
2. Best Practices: Erfolgsgeschichten aus Schleswig-Holstein
- Itzehoe: Durch aktives Leerstandsmanagement und gezielte Ansprache neuer Mieter konnte die Stadt ihre Leerstandsquote deutlich senken. Projekte wie „Störauf“, bei dem die Rückführung des Wassers die Innenstadt aufwerten soll, zeigen, wie Städte langfristige Visionen entwickeln.
- Geesthacht: Mit einer „grünen Fußgängerzone“ und umfassender Barrierefreiheit schafft Geesthacht eine hohe Aufenthaltsqualität. Kleine Oasen mit Bänken, Spielgeräten und Wasserspielen locken nicht nur Besucher, sondern auch Investoren in die Innenstadt.
- Bad Oldesloe: Das Kultur- und Bildungszentrum bietet seit 2016 Veranstaltungen, die Besucher in die Innenstadt bringen. Mit Hilfe von Städtebauförderprogrammen wird die Modernisierung vorangetrieben – und das mit niedriger Leerstandsquote.
3. Die Herausforderungen: Kiel, Neumünster und die anderen
Während einige Städte Erfolge feiern, zeigt sich in anderen Gemeinden, wie schwierig der Wandel ist.
- Kiel: Trotz Projekten wie dem naturnah gestalteten Holstenfleet und Pop-up-Stores in der Holstenstraße bleibt die Leerstandsquote hoch. Der Ansatz „try and error“ zeigt, dass kurzfristige Lösungen nicht immer langfristige Wirkung entfalten.
- Neumünster: Das Stadtbild wird weiterhin von leerstehenden Immobilien geprägt. Zwar gibt es Hoffnung durch die geplante Sanierung des ehemaligen Karstadt-Gebäudes, aber die Suche nach passenden Konzepten für große Immobilien bleibt herausfordernd.
4. Finanzielle Unterstützung und ihre Grenzen
Das 2020 gestartete Innenstadtprogramm des Landes Schleswig-Holstein förderte 38 Kommunen mit insgesamt 12,5 Millionen Euro. Doch eine Zwischenbilanz der BIG Städtebau Anfang 2023 zeigte, dass bisher nur sechs Prozent der Maßnahmen umgesetzt wurden. Die Wirkung blieb bislang gering.
Hinzu kommt, dass die Fördermittel inzwischen ausgeschöpft sind und keine Verlängerung geplant ist. Ohne kontinuierliche Unterstützung wird es für viele Städte schwer, nachhaltige Lösungen zu finden.
5. Neue Ansätze: Multifunktionalität als Schlüssel
Die Zukunft der Innenstädte liegt in ihrer Multifunktionalität. Projekte wie die „Marktbude“ in Heide – eine Mischung aus Coworking-Space, Pop-up-Store und Veranstaltungsort – zeigen, wie flexibel Innenstadtnutzungen gestaltet werden können. Auch Veranstaltungen wie der „Marktstrand“ in Heide beweisen, dass kreative Ideen Menschen anziehen können.
Fazit: Transformation statt Resignation
Die Innenstädte Schleswig-Holsteins stehen am Scheideweg: Während Städte wie Itzehoe und Geesthacht mit zielgerichteten Maßnahmen Erfolge feiern, kämpfen andere Kommunen noch mit strukturellen Herausforderungen. Klar ist: Der Wandel erfordert kreative Ideen, langfristige Visionen und kontinuierliche Investitionen. Städte, die ihre Innenstädte als multifunktionale Erlebnisräume neu erfinden, haben die besten Chancen, die Krise zu überwinden. Doch ohne eine nachhaltige Förderpolitik des Landes könnten viele Initiativen scheitern.
FAQ: Ihre Fragen, unsere Antworten
1. Warum stehen so viele Geschäfte leer?
Der Wandel im Konsumverhalten, der Erfolg des Onlinehandels und hohe Mietpreise erschweren es Einzelhändlern, in Innenstädten zu überleben.
2. Wie kann Leerstand aktiv bekämpft werden?
Mit gezieltem Leerstandsmanagement, flexiblen Mietmodellen wie Pop-up-Stores und Investitionen in die Aufenthaltsqualität der Innenstädte.
3. Was sind Mixed-Use-Konzepte?
Dabei werden Gewerbeimmobilien multifunktional genutzt, z. B. als Kombination aus Einzelhandel, Gastronomie, Büroflächen und Veranstaltungsorten.
4. Reichen die Fördermittel des Landes aus?
Die einmaligen Fördermittel waren ein wichtiger Impuls, reichen aber nicht aus, um den Wandel langfristig zu finanzieren. Nachhaltige Unterstützung ist erforderlich.
5. Welche Städte sind Vorreiter?
Itzehoe und Geesthacht zeigen, wie durch proaktives Leerstandsmanagement und innovative Konzepte Erfolge erzielt werden können.
6. Was können Unternehmen beitragen?
Unternehmen sollten kreative Geschäftsmodelle entwickeln und auf Kooperationen setzen, um neue Zielgruppen zu erreichen und flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren.
*Für weitere Informationen zum Innenstadtkonzept Schleswig-Holsteins lesen Sie den Bericht der BIG Städtebau oder kontaktieren Sie Ihre regionale Wirtschaftsförderung.